Instandsetzung der ältesten überdachten Holzbrücke in Sachsen
Bauherr
- Stadt Zwickau Tiefbauamt
Technische Daten
- Hölzerne Hängewerksbrücke
- Brückenfläche 118 m²
- Gesamtlänge 61 m
Leistungen
- Bauwerksprüfung nach DIN 1076
- Holzdiagnostik, Bohrwiderstandsmessungen
- Objektplanung Ingenieurbauwerke Leistungsphasen 2-8
- Tragwerksplanung Leistungsphasen 2-8
Projektbeschreibung, Wissenswertes, Interessantes
Das Bauwerk kreuzt die Zwickauer Mulde im Winkel von 100 gon und wurde nahezu in seiner jetzigen Form 1790 als überdachte Brücke mit offenen Vorlandbrücken errichtet. Die Strombrücke besteht aus einem doppelten Hängewerk mit jeweils Richtung Vorland folgenden einfachen Hängewerken. Die Summe der überdachten Systemlänge von 38,1 m ergibt sich aus den Einzellängen 8,82 m + 18,73 m + 10,55 m.
Ursprünglich wurden in 1790 drei doppelte Hängewerke in Reihe angelegt. Das mittlere Hängewerk zwischen den beiden Strompfeilern weist die größten Stützabstände auf und ist mit zweifachen Streben und Spannriegellagen ausgebildet. Bei Umbauten wurde an beiden uferseitigen Hängewerken das eigentliche doppelte Tragsystem aufgelöst und durch ein jeweilig außenliegendes neues Stützjoch konstruktiv in ein einfaches Hängewerk überführt.
Der Schwerpunkt der Instandsetzung lag neben der Sicherung der Unterbauten auf der Ertüchtigung der hölzernen Tragwerke. Grundlage für die Instandsetzungsplanung bildete die Bauwerksprüfung mit handnaher Prüfung aller zugänglichen Bauteile.
Nach Herstellung der Zugänglichkeit aller Tragwerksteile und der stückweisen Freilegung mussten neben den bekannten Mängeln weitere tiefreichende Schäden erfasst werden. Insbesondere nach planmäßigem Rückbau ausgewählter Bauteile wurden gehäuft Deformationsschäden an überlasteten Knotenpunkten festgestellt. Die rechnerische Untersuchung am räumlichen Tragwerk inklusive Stabilitätsuntersuchung bestätigten die Schadenssymptomatik. Sowohl in Längs- als auch in Querrichtung fehlte es dem historischen Tragwerk an aussteifenden Elementen. Die zu hohe Beweglichkeit der einzelnen Tragwerksteile führte zu teilweise irreversiblen Verformungsschäden.
Die Schadensprogressivität wurde durch eine Vielzahl konstruktiver Unzulänglichkeiten und nicht fachgerechter Reparaturmaßnahmen der Vergangenheit verstärkt. Inwieweit die nicht sachgerechte Instandsetzung auf die Mangelwirtschaft im geteilten Deutschland zurückzuführen ist, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden. Vor allem die falsche Materialwahl, wie zum Beispiel häufiger Einsatz von nicht ausreichend resistentem Nadelholz oder auch die zu geringe Restquerschnittsfläche stark beanspruchter Bauteile in Anschlussbereichen, führten zur Schädigung der Holzbauteile.
Auch der Ersatz der hölzernen Joche durch massive Strompfeiler erfolgte in der Historie nicht mit ausreichend konstruktiven Maßnahmen zur Sicherung der Dauerhaftigkeit. Der unmittelbare Kontakt der eichernen Jochstützen zum Pfeilerkopf führte zu tiefreichenden Schäden.
Oberstes Maxim der Instandsetzung war die Konservierung der erhaltenswerten historischen Bauteile. Gleichfalls musste das Team aus Vertretern der Bauverwaltung, Zimmerleuten und Planer Aufgaben lösen, welche die dauerhafte Ertüchtigung des historischen Tragwerkes nach geltendem Regelwerk ermöglichten.
Die schadhaften Bauteile wie auch nicht fachgerechte Reparaturmaßnahmen der Vergangenheit wurden konsequent rückgebaut. Die stark geschädigten äußeren Hängewerke wurden demontiert und bis auf ausgewählte ausreichend tragfähige Einzelbauteile erneuert.
Zur Verbesserung des konstruktiven Holzschutzes wurde die Überdachung bis auf die Endfelder der anfälligen äußeren Hängewerke verlängert. Alle schlagregenbeanspruchten horizontalen und schwach geneigten Holzbauteile werden zukünftig durch sogenannte Opferbretter geschützt. Die stark der Bewitterung ausgesetzten Neubauteile des Haupttragwerks wurden durchgehend in Eiche ausgeführt.
In die äußeren Hängewerke wurden mit der Überarbeitung stabilisierende Rahmenstützen integriert. Besonders anspruchsvoll war die Herstellung der hochgradig beanspruchten Anschlusspunkte. Die holzkonservierende Gerbsäure der Eiche greift unedle Metalle an. Handelsübliche Holzverbindungen konnten mangels verfügbarer Materialien und der hohen Belastung nicht verwendet werden. Mit Hilfe historischer Zimmermannsbücher wurden Vorlagen gefunden, welche eine Adaption historischer Anschlüsse in moderne Verbindungen nach geltendem Regelwerk ermöglicht. Als Materialien mussten aufgrund des Gerbsäureangriffs konsequent Edelstähle eingesetzt werden.
Das Hängewerk in Strommitte wurde weitestgehend im Bestand erhalten. Zur Queraussteifung wurden in den Jochachsen außen biegesteife Stahlwalzprofile innerhalb der Jochüberdachung angeordnet. Die Jochstützen mussten alle aufgrund ihres flächigen Kontaktes mit den Massivbauteilen überarbeitet werden. Aufgrund ihrer aussteifenden Funktion wurden die Jochstützenfüße in spezielle Schweißprofilauflager mit ausreichend konstruktivem Abstand zu den Massivbauteilen gefasst. Die historischen eichernen Holzstempel konnten zum Teil erhalten werden oder wurden mit tragfähigen Teilen aus dem Rückbau ersetzt.
Entsprechend den Bohrwiderstandsmessungen waren die Schäden an den historischen Jochträgern zu tiefreichend. Um den Ersatz zu vermeiden, wurden beidseitig Schweißprofile zur Verstärkung angebracht. Problematisch waren auch hier die hohen konzentrierten Lasten und deren Einleitung in die Jochstützen.
Zur weiteren Verbesserung der Tragwerksstabilität wurden in der Ebene der Zugbänder, in der Gespärrebene und in allen Querrahmen druckschlaffe Verbände angeordnet. Die Dachebenen werden durch kraftschlüssige Verbindungen der robusten und dichten Lattung konstruktiv ausgesteift.
Um die historische Schindeldeckung dauerhaft wiederherzustellen, wurde im süddeutschen Raum nach Vorbildern recherchiert. Insbesondere im Gebiet der Alpen ist der Einsatz von Holzschindeln für Dachdeckungen und Außenwandschalen noch heute anzutreffen. Die neuen Eichenschindeln stammen aus einem traditionellen Handwerksbetrieb aus dem Berchtesgadener Land. Die im grünen Zustand manuell gespaltenen Schindeln wurden traditionell mit einer Dreifachverlegung montiert. Um Beschädigungen an den Holzfasern zu vermeiden, wurden mit exakt dosierter Druckluft eingebrachte spezielle Edelstahlnägel für die Schindelfixierung verwendet.
Für den Abschluss aller baulicher Maßnahmen steht gegenwärtig noch die Sanierung der Unterbauten sowie die Herstellung des Kolkschutzes aus.